Sitzung 4 - Das Völkerrecht ist kein Wunschkonzert

Shownotes

**Das Völkerrecht ist kein Wunschkonzert ** In dieser Episode tauchen wir tief in das Werk und die Gedankenwelt von Nora Bossong ein, einer Autorin, die Literatur als Raum für Reflexion über Macht, Verantwortung und Gewalt nutzt. Wir beleuchten, wie sie persönliche und politische Sphären miteinander verwebt und welche Rolle Literatur in der sicherheitspolitischen Debatte spielen kann.

Kernthemen der Episode:

  • Literatur als Fragenstellerin in der Sicherheitspolitik: Wir diskutieren die Fähigkeit der Literatur, „Fragen zu stellen, wo andere schweigen“, und wie sie Räume zum Denken eröffnen kann, ohne in moralische Eindeutigkeiten zu verfallen.

  • Bossongs persönlicher und literarischer Hintergrund: Erfahren Sie, wie tiefgehende Recherchen in Genf, im Kongo und in Burundi Bossongs Perspektive auf internationale Politik, Konflikte und die Ohnmacht internationaler Institutionen prägen. Sie wollte wissen, „was passiert, wenn sich die Sprache der Diplomatie mit der Wirklichkeit der Gewalt konfrontiert“.

  • Die Bedeutung politischer Bildung für eine widerstandsfähige Demokratie: Bossong betont, dass Demokratie nicht nur Institutionen, sondern auch „ein Gedächtnis, ein Gefühl für Widerspruch und für Verantwortung“ braucht. Ihr Engagement im Zentralkomitee der Katholiken und im PEN-Zentrum unterstreicht die Rolle von Literatur und Bildung als unverzichtbare Bestandteile politischer Resilienz.

  • Kritik an einer rein technisch gedachten Sicherheitspolitik: Wir hinterfragen die These, ob die deutsche sicherheitspolitische Kultur zu moralisch und zu wenig technisch-rational ist. Bossong warnt vor der Gefahr, Sicherheit „nur technisch zu denken – und die seelischen, kulturellen und sozialen Dimensionen zu übersehen“. Literatur kann hierbei helfen, „blinde Flecken aufzudecken“.

  • Die Herausforderungen der aktuellen weltpolitischen Lage für die Literatur: Angesichts von Krieg, Krisen und autoritären Tendenzen reflektiert Bossong die Spannungen zwischen Sprachlosigkeit und der Pflicht, Position zu beziehen. Eine zentrale Frage ist: „Was kann ich schreiben in einer Welt, in der die Realität so laut ist?“.

  • Der Dialog zwischen Politik, Zivilgesellschaft und kreativen Stimmen: Bossong plädiert für eine engere Verbindung zwischen Kultur und Politik als Diskursraum für Ambivalenz, Zweifel und Verständigung. Sie sieht Schriftsteller nicht als Politiker, aber als diejenigen, die „Räume öffnen, in denen Politik wieder Mensch wird“.

  • Die Verantwortung von Schriftsteller in Kriegszeiten: Angesichts des Ukraine-Krieges und des Gaza-Konflikts diskutieren wir die Rolle von Autoren. Bossong meint: „Wer jetzt schweigt, legitimiert Gewalt. Aber wer spricht, muss bereit sein, sich zu irren“.

Nora Bossong (* 3. Oktober 1982 in Bremen) ist eine der profiliertesten deutschen Schriftstellerinnen der Gegenwart, bekannt für ihre Lyrik, Prosa und Essays.

Sie studierte Literaturwissenschaft, Philosophie und Kulturwissenschaften und debütierte 2006 mit dem Gedichtband "Gegend". Zu ihren wichtigsten Werken zählen die Gedichtbände "Sommer vor den Mauern" (2011) und "Kreuzworträtsel" (2016), für den sie 2020 den Peter-Huchel-Preis erhielt. Ihr Roman "Schutzzone" (2019) war für den Deutschen Buchpreis nominiert.

Bossongs Texte zeichnen sich durch präzise Sprache und eine intensive Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und politischen Themen aus. Sie wurde vielfach ausgezeichnet, darunter 2020 mit dem Thomas-Mann-Preis und 2023 mit dem Wilhelm-Raabe-Literaturpreis.

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